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AutorenbildFranziska Petersohn

Trauer und Trauerbewältigung

Aktualisiert: 13. Feb. 2022

"Die Zeit heilt alle Wunden" - wenn man sie lässt...



Weihnachten und der erste Advent stehen vor der Tür. Für viele Menschen beginnt die Zeit der Besinnlichkeit und dem Beisammensein mit der Familie und geliebten Menschen.


Doch die Weihnachtszeit ist für Viele auch verbunden mit Gefühlen von Traurigkeit, Einsamkeit und Melancholie. Wir gedenken, mehr als den Rest des Jahres, den Menschen, die nicht mehr mit uns unter dem Weihnachtsbaum sitzen. Verluste gehören zum Lauf des Lebens dazu, dennoch bemerke ich bei vielen meiner Klienten, eine große Hilflosigkeit beim Umgang mit Trauer und Verlusten.


Die Themen Tod und Trauer werden in der westlichen Kultur häufig vermieden. Über "solche Sachen" will man gar nicht erst nachdenken. Menschen, die einen schweren Verlust erlebten, begegnen häufig einer Wand aus Schweigen, betretenen Blicken oder gut gemeinten Ratschlägen. Die Vermehemas durch die Mitmenschen, macht es den Trauernden jedoch häufig noch schwerer.



Trauerarbeitet bedeutet den Schmerz zuzulassen


Ein verbreiteter Irrglaube ist es, dass bei einer "guten" Trauerarbeit die traurigen Gefühle verschwinden würden oder, dass es schnell leichter wird, über den Verlust "hinwegzukommen". Das ist jedoch nicht der Fall!


Trauern ist traurig, schmerzhaft, ja manchmal sogar kaum auszuhalten. Doch genau durch dieses Tal führt der Weg der Trauer.

Nur wenn wir uns Zeit nehmen, alle Gefühle in ihrer gesamten Intensität zuzulassen, werden sie irgendwann ihre Aufgabe erfüllt haben und Stück für Stück kleiner werden. Dies gilt übrigens für alle Gefühle, die in uns aufkommen, nicht nur für Trauer.


Demzufolge ist es unglaublich wichtig, sich genug Zeit für Traurigkeit zu nehmen. Sätze wie "das muss doch jetzt auch mal gut sein", "geht es dir noch nicht besser?" , "mach doch mal wieder was Schönes." etc. sind absolut kontraproduktiv. Beim Trauerprozess geht es nicht um Ablenkung, Verdrängung oder Verbesserung der Gefühlslage. Es geht um das Zulassen, Aushalten und Ausleben der aufkommenden Emotionen. Das können bei der Trauer ganz verschiedene Gefühle sein. Alles Gefühle sind erlaubt und dürfen sein!


Emotionen die im Trauerprozess auftreten können sind:

  • Traurigkeit

  • Wut

  • Angst

  • Scham und Schuld

  • Einsamkeit

  • Hilflosigkeit

  • Erleichterung (z. B. nach einem langen Leidensweg und langer Krankheit)

  • ...


Was kann beim Trauern helfen?


Selbstfürsorge und Atmen


Besonders kurz nach einem Verlust ist der Schmerz so groß, dass man zunächst in den "Überlebensmodus" fällt. Dann hilft manchmal einfach nur atmen und aushalten. Es ist hilfreich sich zunächst nur auf die allernötigsten Alltagsaufgaben zu konzentrieren. Kümmern Sie sich gut um sich selbst. Kochen Sie für sich, gehen Sie spazieren, nehmen Sie ein Bad, schlafen Sie ausreichend.


Gönnen Sie sich möglichst viel Freiraum, um in Ruhe trauern zu können. Das bedeutet, dass Termine und unbedeutende Aufgaben erstmal warten können und Sie nicht nach einer Woche oder einem Monat wieder "funktionieren" sollten. Die Momente in denen Sie von Traurigkeit, Ärger, Angst und Wehmut überwältigt werden, sind zu Beginn häufig und stark. Genau dafür brauchen Sie Ruhe und Zeit. Verschieben Sie Ihre Trauer nicht auf später!


Gefühle zulassen und in Worte packen


Wenn Gefühle aufkommen, ist es wichtig, sie zuzulassen. Wenn Sie weinen müssen, weinen Sie! Wenn Erinnerungen aufkommen, dann lassen Sie diese zu. Dabei werden schmerzlichen Gefühle aufkommen. Auch diese dürfen Sie zulassen. Versuchen Sie Ihre Gefühle in Worte zu fassen. Was würden Ihr Schmerz und Ihre Tränen sagen, wenn Sie reden könnten?


Bringen Sie Ihre Gedanken zu Papier oder sprechen Sie mit Freunden und anderen Angehörigen darüber, wie Sie sich fühlen Insbesondere der Austausch mit Mitmenschen über deren Verlusterfahrungen wird von vielen meiner Klienten als heilsam erlebt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir über Tod und Verluste nicht schweigen oder versuchen im stillen Kämmerlein damit klarzukommen. Wir sind als soziale Wesen darauf angewiesen, in Austausch mit unseren Mitmenschen zu sein. Jeder von uns kann dazu beitragen, dass offener über Trauer und Tod gesprochen werden kann. Sprechen Sie auch mit Kindern offen über Tod und Trauer. Die Kinder haben oft noch keine Worte, um auszudrücken, was in Ihnen vorgeht, helfen Sie Ihnen indem Sie eine offene Atmosphäre für Gespräche schaffen.


Eine weitere Strategie kann es sein, einen Brief an den Verstorben zu schreiben und ihm oder ihr alle Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Die Art und Weise wie solche Brief formuliert werden, kann ganz indivduell sein. Wenn Sie gerade von großer Traurigkeit geplagt sind, dann schildern Sie diese Traurigkeit. Wenn Wut und Ärger in Ihnen herschen, dann schreiben Sie auf, worüber Sie wütend sind, teilen es dem Verstorbenen mit. Häufig erfahren wir bereits beim Schreiben eine gewisse Heilung, gleichzeitig können Sie die Zeilen anschließend aufheben oder (gerade bei Wut auf den Verstorbenen) verbrennen oder ins Meer werfen.


Orte und Rituale der Erinnerung


Schaffen Sie sich einen Ort, der Ihr Platz ist, um sich an den Verstorbenen zu erinnern. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um das Grab auf dem Friedhof handeln. Sie könnten einen Baum oder eine Pflanze im eigenen Garten pflanzen und dies zu Ihrem Ort machen. Sie können auf einem Regal oder einem Tisch in Ihrer Wohnung ein Foto und einen Gegenstand aufstellen, der Sie an den Verstorbenen erinnert. Wichtig ist, dass Sie sich einen Platz erschaffen, zu dem sie hingehen können, wenn Sie "Kontakt" aufnehmen möchten. Viele Menschen empfinden es als heilsam, weiterhin besondere Ereignisse mit dem Verstorbenen zu teilen, zu diesem Ort gehen zu können, zu erzählen und sich vielleicht vorzustellen, wie die Person reagieren würde. Hierbei geht es weder um religösen Glauben oder Grenzen der Realität. Hier geht es einzig und allein darum, was Ihnen gut tut! Sie gestalten den Ort Ihrer Erinnerung so, wie Sie ihn für angenehm erachten. Wenn Sie kein Foto aufstellen möchten, dann nicht, wenn Sie nicht gern auf den Friedhof gehen, sondern lieber in Ihren Garten, dann machen Sie das.


Weiterhin sollten Sie sich überlegen, ob Sie bestimmte Feiertage oder auch den Todestag mit einem bestimmten Ritual begehen wollen. Wie möchten Sie zukünftig dem Verstorbenen gedenken? Welche Rolle darf er oder sie in Ihrem Alltag spielen? Wäre es nicht schön, jederzeit über Erinnerungen und Anekdoten sprechen zu können? Die Verstorbenen sollen in uns weiterleben, deshalb dürfen wir sie nicht totschweigen.


Es braucht Zeit...


Auch viele Jahre nach einem Verlust, können Trauer und Schmerz noch eine Rolle spielen. Das ist okay. Bei der Integration des Verlustes in unsere Biografie ist das Ziel nicht, dass wir irgendwann keinen Schmerz mehr spüren, sondern dass der Schmerz irgendwann so klein geworden ist, dass man mit ihm seinen Alltag wieder bewältigen kann.


Wenn Erinnerungen aufkommen, Jahrestage anstehen oder Fotos in die Hände fallen, wird dies immer einen Stich im Herzen hinterlassen. Das ist okay. Das zeigt einem wieder, wie wichtig die Person in Ihrem Leben war. Bei einer guten Trauerarbeit wird die Intensität der Gefühle aber nicht mehr das Ausmaß erreichen, wie nach dem Todesfall.


Trauerbewältigung in Therapie und Beratung


Es gibt viele Fälle in denen Trauerereignisse zu schnell verdrängt worden sind, bei denen die Betroffenen keine Zeit hatten, zu trauern, weil sie funktionieren mussten. Dann kann es sein, dass auch noch Jahre nach dem Tod seelische Schmerzen erlebt werden, die so stark sind, wie direkt nach dem Verlust. In diesen Fällen ist es hilfreich, sich zur Bewältigung, dieser anhaltenden Trauerreaktion Unterstützung in Form von Trauerbegleitung, Psychotherapie oder Seelsorge zu holen.


Häufig kommen Personen mit der Idee in die Beratung, dass Trauer doch in Phasen verlaufen würde und sie aber gefühlt auch nach jahrelanger Trauer noch nicht am Ende angekommen seien bzw. in einer Phase feststecken würden. Ich persönlich orientiere mich lieber am Modell der sechs Notwendigkeiten der Trauer nach Alan D. Wolfelt. Hierbei geht man davon aus, dass bei der Trauerarbeit bestimmte Aufgaben erfüllt werden dürfen anstatt, dass man Phasen passiv durchläuft. Diese Aufgaben (Notwendigkeiten) können gleichzeitig, nacheinander und auch wiederholt absolviert werden. Folgende Notwendigkeiten beeinhaltet die Idee von A. Wolfelt:

  1. Notwendigkeit: Die Realität des Todes annehmen

  2. Notwendigkeit: Den Schmerz zulassen

  3. Notwendigkeit: Dankbarkeit der Erinnerungen

  4. Notwendigkeit: Entwicklung einer neuen Identität

  5. Notwendigkeit: Suche nach dem (neuen) Sinn

  6. Notwendigkeit: Unterstützung erbitten und annehmen

Ich kann Sie in meiner Onlineberatung durch ein Verlustereignis begleiten und Ihnen beim "Durcharbeiten" dieser Notwendigkeiten helfen. Der Austausch über Ihre Erfahrungen und Gefühle stehen dabei im Mittelpunkt. Melden Sie sich gern bei mir.

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